Hans-Hartwig LOEWENSTEIN

est président de la Zentralverband des Deutschen Baugewerbes (ZDB).

Thomas BAUER

est président de la Hauptverband der Deutschen Bauindustrie (HDB).

Partage

Hans-Hartwig Loewenstein

Welches Image hat der Bausektor in Deutschland? Wie stufen Sie es im Verhältnis zum Image anderer Tätigkeitsbereiche ein?

Auch aufgrund der langen Rezession der Jahre 1996-2007 wird die Bauwirtschaft mit Arbeitsplatzabbau, mit illegaler Beschäftigung und mit schlechten Perspektiven in Verbindung gebracht. Unser Bild in der Öffentlichkeit dürfte im Verhältnis zur Elektro-, Metall- oder KfZ-Industrie schlechter sein. Allerdings dürfte das Image unserer Branche in der allgemeinen Öffentlichkeit auch durch schwer zu überwindende Mißverständnisse und fehlende Information geprägt sein.

Welche Entwicklung durchläuft dieses Image Ihrer Meinung nach?

Wir sehen, dass sich das Image der Branche derzeit verändert, weil die Bauwirtschaft z.B. aufgrund der Diskussion über die Energiewende mit Klimaschutz in Verbindung gebracht wird; denn gerade die mittelständischen Bauunternehmen können einen wesentlichen Beitrag zur Erreichung der Klimaschutzziele leisten. Sie sind es, die Gebäude energetisch sanieren, die die Kompetenz zur Errichtung von Null- bzw. Plus-Energie-Häusern haben. Das macht die Bauwirtschaft auch für junge Menschen wieder attraktiver. Auch die verstärkte Suche nach werthaltigen Geldanlagen rückt die Bauwirtschaft wieder besser in den Fokus.

Haben Sie Studien bzw. Erhebungen durchgeführt, um das Image Ihres Sektors und seiner Berufszweige präzise kennenzulernen? Falls ja, was haben Sie dadurch erfahren?

Leider verfügen wir über keine Studien zum Image unserer Branche. Allerdings hätten derartige Erkenntnisse derzeit auch keine Konsequenz, da eine wirksame Image-„Therapie“ unsere Möglichkeiten überfordern würde.

Ist die Wahrnehmung unterschiedlich, je nachdem, ob die Allgemeinbevölkerung oder Angehörige der Bauindustrie der Bauwirtschaft befragt werden?

Wir gehen davon aus, dass die bei uns organisierten Betriebe selber, deren Angehörige wie auch die Mitarbeiter ein präziseres und positiveres Bild der Branche haben.

Gibt es Bevölkerungskategorien mit einem positiveren Bild vom Bausektor als andere?

Da wir nicht über qualifizierte Untersuchung zum Image der Branche verfügen, ist auch diese Frage schwer zu beantworten. Wir gehen jedoch davon aus, dass die Kunden unserer Betriebe aufgrund der qualifizierten Leistungen, der Termin- und Vertragstreue ein positives Bild vom Baugewerbe haben.

Welche "Tugenden" werden ihm vor allem verliehen?

Die Bauwirtschaft steht zuallererst auch nach internationalen Maßstäben für eine gute Ausbildung, deren Finanzierung über eine Berufsbildungsumlage Vorbild für andere Branchen ist. Auch die Vermittlung der Lehrinhalte sowohl in den Betrieben als auch in den Überbetrieblichen Ausbildungszentren gilt als wegweisend. Die qualifizierte Ausbildung unserer Fachkräfte verschafft ihnen gute Berufsaussichten nicht nur im Baugewerbe sondern häufig auch darüber hinaus.

Welche hauptsächliche Kritik wird am Bausektor geübt?

Eine hauptsächliche Kritik richtet sich gegen Mängel am fertigen Bauwerk, die aber bei näherer Betrachtung oftmals durch mangelhafte Bauvorbereitung beim Bauherren sowie durch die Tätigkeit nicht-qualifizierter und unterbezahlter Beschäftigten ausländischer Unternehmen verursacht sind.
Darüber hinaus werden die Arbeitsbedingungen beklagt, bei denen Mitarbeiter Wind und Wetter ausgesetzt sind und trotz vielfältiger Erleichterungen körperlich schwer arbeiten.

Berücksichtigt die Regierung diesen Sektor bei ihrer Wirtschaftspolitik und, falls ja, mit welcher Art Maßnahmen?

Seit der Wirtschafts- und Finanzkrise wird die Bedeutung der Bauwirtschaft wieder besser wahrgenommen. Denn als eine der großen Branchen stärkt sie vor allem die Binnenkonjunktur und mindert die Abhängigkeit von der Exportkonjunktur. Bauinvestitionen stärken die heimische, regional ansässige Bauwirtschaft und sichern die Arbeitsplätze vor Ort. Daher hat die Bundesregierung 2009 umfassende Konjunkturpakete beschlossen, die höhere öffentliche Investitionen z.B. in die Bundesfernstraßen beinhalteten wie auch Investitionsanreize für private Investoren, z.B. im Bereich der energetischen Gebäudesanierung setzten. Darüber hinaus pflegt die Bundesregierung einen intensiven Dialog mit der Branche über alle wesentlichen Aspekte des Erhaltens, Erneuerns und der Erweiterung der baulichen Infrastruktur in Deutschland.

Würden die Unternehmen des Bausektors andere Arten von Maßnahmen wünschen?

Wir stellen uns eine intensivere Förderung des Wohnungsbaus vor und fordern in diesem Zusammenhang die Verbesserung der Abschreibungsmöglichkeiten. Damit würde privates Kapital für eine zukunftsträchtige Verbesserung der Lebensbedingungen aktiviert und gleichzeitig die Binnenkonjunktur gestärkt. Darüber hinaus fordern wir seit langem, mehr in die öffentliche Infrastruktur zu investieren. Gerade die kommunale Versorgung mit gut ausgestatteten Schulen, Turnhallen und anderen öffentlichen Gebäuden sowie der Zustand der Verkehrs-, Ver- und Entsorgungsinfrastrukur liegen im Argen.

Organisiert Ihr Verband spezifische Aktionen, um das Image der Berufe im Bausektor zu verbessern bzw. um gute Arbeitskräfte anzuziehen? Falls ja, warum ist das Ihrer Meinung nach erforderlich? Welche Art Aktionen führen Sie durch? Konnten Sie schon Ergebnisse verzeichnen?...

Wir haben insbesondere im Bereich der Nachwuchswerbung unsere Aktivitäten verstärkt, da wir in kommenden Jahren einen gravierenden Fachkräftemangel erwarten. Insbesondere wenn die sog. geburtenschwachen Jahrgänge auf den Arbeitsmarkt kommen, werden wir in zunehmender Konkurrenz mit anderen Branchen um Lehrstellenbewerber stehen.
Dazu haben wir unsere Webseite bauberufe.net jugendgerecht überarbeitet, wir setzen darüber hinaus auf Videos, die wir sowohl auf der Webseite selbst wie auch auf Youtube und Facebook vermarkten.
Darüber hinaus arbeiten wir an Programmen zur Einstiegsqualifizierung für bildungsschwache Jugendliche (mit und ohne Migrationshintergrund), um diesen eine Chance auf Integration in den Arbeitsmarkt und damit auf Teilhabe an der deutschen Gesellschaft zu bieten.

Thomas Bauer :

Mit Vorurteilen aufräumen!

Viele Menschen in Deutschland haben Vorurteile gegenüber der Bauwirtschaft. Sie halten uns für eine Low-Tech-Branche, in der es in erster Linie darum geht, harte Arbeit auf kalten, nassen und dreckigen Baustellen zu verrichten, die noch dazu schlecht bezahlt wird. Unser Image ist jedenfalls im Vergleich zu anderen Branchen wie der Automobilindustrie oder dem Maschinenbau nicht sehr hoch angesiedelt. Das unterscheidet uns von vielen anderen euro¬päischen Ländern, wo die Bauwirtschaft und ihre Beschäftigten angesichts der gewaltigen technischen Leistungen ein eher hohes Ansehen genießen.

Sehr erfreulich jedoch ist, dass der Bundesbürger die Bauwirtschaft deutlich besser beurteilt, wenn er persönliche Erfahrungen im Umgang mit der Branche gesammelt hat. Dies zeigt eine repräsentative Erhebung, die das Institut für Demoskopie Allensbach im Auftrag des Haupt-verbandes der Deutschen Bauindustrie durchgeführt hat. Wer schon einmal mit der Bauwirt-schaft zu tun hatte, ist „zufrieden“ bis „sehr zufrieden“ mit dem Ergebnis. Mehr noch: Zwei Drittel aller Deutschen halten das Häuser- und Straßenbauen sogar für eine nationale Begabung. Mit anderen Worten: Viele Negativurteile über die Bauwirtschaft beruhen offenbar auf Vorurteilen, die es auszuräumen gilt.

Die bauindustriellen Verbände sind deshalb entschlossen, diese Vorurteile abzubauen und das Bild vom Bau neu auszurichten. Das gebietet schon allein der zunehmende Mangel an Fachkräften, der uns dazu zwingt, den Wettbewerb mit dem Verarbeitenden Gewerbe um die sinkende Zahl der Nachwuchskräfte aufzunehmen. Im Mittelpunkt unserer PR-Maßnahmen steht dabei die hohe Kompetenz des „Teams am Bau“, denn wir sollten auch in Deutschland besser kommunizieren, was offenbar bei internationalen Auftraggebern besonders geschätzt wird, nämlich die hohe Ingenieur-Kompetenz deutscher Bauunternehmen. Gleichzeitig gilt es, die Bauwirtschaft als Problemlöser für die gesellschaftlichen Herausforderungen unserer Zeit neu zu positionieren. Wir müssen hier unser „Licht nicht unter den Scheffel“ stellen: Unsere Angebote reichen von der energetischen Sanierung unserer Gebäudebestände über den Ausbau der erneuerbaren Energien im Rahmen der Energiewende und die bedarfsgerechte Entwicklung leistungsfähiger Verkehrsnetze bis hin zum Aufbau einer modernen Industrieinfrastruktur. Mit anderen Worten: Wenn es uns gelingt, dem Bürger die Bedeutung des Baus für den Umbau und die Modernisierung unserer Gesellschaft richtig zu erklären, dann muss uns auch um den Nachwuchs und damit auch die Zukunft unserer Branche nicht bange sein.

http://www.constructif.fr/bibliotheque/2012-2/points-de-vue-sur-l-image-du-batiment-en-allemagne.html?item_id=3152&vo=1
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